2005: Exkursion Ungarn

Gespeichert von heinrich am Mi, 08/02/2017 - 19:14

Ungarns Pferde, Gespanne und Kutschen Studienreise vom 27. bis 31.Okt 05

Voller Erwartung auf Ungarns Pferde- und Kutschenwelt, traf sich am Donnerstag Abend  die aus „Fliegerstaffel“ und Buspassagiern vereinte Reisegruppe im Hotel Gellert in Budapest, einem Pompbau von ca. 1920 mit leicht patiniertem  Charme. Der Service war gut, wenn auch das Personal von dem „ Busfahrerpublikum“ leicht irritiert.

Frühmorgens pünktlich 7.02 Uhr wurde die Kette vor der Türe des Frühstücksaales unter deutlicher Hilfe von Paul Wiegel geöffnet. Das Frühstück entschädigte uns! Das Gepäck wurde zwar stilvoll aus dem Haus geschafft, wir fanden es in der nächsten Grünanlage abgeladen und trugen es selbst zum Bus.

Nun übernahm unser ungarischer Freund Laszlo Todt die Führung. Er war 1973 und 1974 ungarischer Meister im Viererzug, konnte aber nicht zu internationalen Ehren kommen, da ihm die Ausreise wegen politischer Unzuverlässigkeit verwehrt wurde. Heute ist er reitender Gestütsdirektor.

Hinreißende Ausblicke bot die Fahrt von Buda nach Pest. Uns beeindruckten die hübschen alten Fassaden, die bei aller Pracht noch Spuren des Sozialismus tragen. Aus der Ebene  hinauf zum Matergebirge erreichten wir Paradfürdö, eine 1870 erbaute  Hengststation. Heute stehen hier, wenn überhaupt, mehr private als staatliche Hengste. Aus dieser Zucht („K u. K- Vielseitigkeitspferd für Sattel und Anspannung“) stammt auch das „ Leutstettener Pferd“, dem noch heute Königlich Bayerischem Privatgestüt. Der Zustand der wenigen eingestellten Tiere war weniger gut ( schlecht gepflegte Hufe, Hungergruben und beim Kaltblüter brutale Stollen). Ebenso wenig optimal verhielten wir uns bei der Hengstvorführung, Vorführhengste sind nun mal nicht „zum Anfassen“. Wenig Zeit blieb leider für das Kutschenmuseum, auch für Schmiede und Stellmacherei wäre eine Führung von Interesse gewesen.

Weiter ging es um Budapest herum, leider noch ohne den geplanten Ring, zum privaten Lipizzanergestüt der Familie Dobrovice in Vecses mit rührender Gastfreundschaft. Weniger begeisterten uns jedoch die Abfohlboxen von nur 3,5 auf 4 m, eine geringe Durchfahrtshöhe des neuen Stalles, ebenso wenig der mäßige Pflegezustand der vor Angst zitternden Pferde. Angerissene Stränge, mit Band geflickte Halskoppel, sehr scharfe Kandaren missfielen. Die Familie stellt zwar Meisterfahrer Ungarns, aber leider wurde hier nur eine Verkaufsschau geboten und warf dem Organisator den Zeitplan gründlich über den Haufen.

Nach einer bravourösen Busfahrt über unzählige Schlaglöcher einer erbärmlichen Nebenstraße kamen wir in der „Varga Tanya“, unserer Unterkunft in der Puszta, glücklich an. Es ist ein touristischer Pferdehof mit Gästeappartements, Ferienhäusern, Schwimmbad, einem pfiffigen Hauptgasthaus, aber erbärmlichen Pferdeställen. Neben über 50 Pferden und Ponys für Vorführung, Verkauf und Gäste sind auch einige Graurinder vorhanden. Der Ungarische Abend mit Zigeunerkapelle war stimmungsvoll und gelungen, die Musik eher amateurhaft, das Betteln aber um so professioneller.

Am nächsten Morgen ging es nach Mezöhegyes zur Wiege der Noniuspferde. Diese stammen  von einem Beutehengst aus Frankreich ab, den die Ungarischen Husaren von der Niederschlagung Napoleons mitbrachten. Traurig stimmte uns, dass hier wenig Zuchtpferde zu sehen waren und teilweise mit Einstellern Geld verdient werden muss. Die alte Pracht der Getütsgebäude mit traumhaftem alten Baumbestand, aber schlecht gefüllten Pferdeställen stimmte sehr  nachdenklich. Die Gestütsführerin warb ungeniert für ihre eigenen Verkaufspferde.

Auf dem Rückweg besuchten wir in Mako die Sattlerei von Jozsef  Koczkas. Die Begrüßung war herzlich, das Geschirr gut, die Preise fast westlich.

Im Quartier zurück, erwartete uns noch eine Vorführung der Hirten, rasant, spektakulär, aber nicht pferdeschonend. Eine Kutschfahrt in der Dämmerung zeigte uns die Schönheit der Landschaft, die von den mäßigen Gespannen ein wenig ablenkte. Am nächsten Morgen zeigte man uns noch  zwei Verkaufspferde, wohlerzogen und mit kerngesunden Hufen. Bei 4000 Euro für einen Dreijährigen kann ein deutscher Züchter nicht konkurrieren.

Vor der letzten Station verließ uns leider schon Laszlo Todt, verabschiedet mit unserem Dank und guten Wünschen. Das 1789 gegründete Staatsgestüt Babolna besticht mit seinem Museum von Dokumenten über Gestüt, Pferde und Kasinoleben. Das Gestüt selber machte  einen gut geführten Eindruck, sein Leiter begleitete uns offen und herzlich. Professionelle Hengst- und Kutschenvorführungen, gute Verpflegung und Unterbringung rundeten den Besuch ab.

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Es war ein reines Arabergestüt, damals vorrangig für die Armee. Kriegswaisen erhielten hier früher eine militärische Ausbildung, sie bilden noch heute einen berittenen Musikzug. So zog sich der Kaiser seine Husaren heran. Das Pferdematerial wurde ausschließlich aus dem vorderen Orient beschafft. 1836 kam der weltberühmte Hengst Shagya nach Babolna und begründete die Rasse Shagya-Araber. Es geht die Sage, der Sohn eines Züchters in Ägypten wollte bei „seinem“ Hengst bleiben, als ihn sein Vater verkauft hatte. Er schmuggelte sich mit auf das Schiff und wurde erst beim Ausladen in Italien entdeckt. Da er aber der einzige war, der den Hengst bändigen konnte, kam er mit nach Babolna und dort in die Waisenausbildung. Er brachte es bis zum Gestütsleiter.

Voll vielfältiger Eindrücke ging es nach Hause, bewundernde, schwärmerische wie auch kritische Gedanken nahmen wir aus dem Land der Pferde mit. Alles in allem eine beeindruckende Fahrt, die den Horizont erweiterte und in uns unvergessliche Bilder schuf. Unsere Mitfahrerin Andrea Riedl aus Straubing lud noch zu einem Zwischenstop bei reichlich  Pferdebratwürsten ein.  Nur schwer trennten wir uns und freuen uns nun auf die Hollandfahrt im nächsten Jahr.

Otto Dietrich Graf Egloffstein

Gruppenbild